Gaslighting: Wenn die Realität zur Verhandlungssache wird
Allgemeine Einleitung des Autors
Propaganda ist die Manipulation von Massen mittels Medien. In dieser Serie tauchen wir tief in die Mechanismen der Beeinflussung ein, um zu verstehen, wie unsere Wahrnehmung geformt wird und wie wir uns davor schützen können. Jeder Beitrag beleuchtet eine spezifische Technik, ihre Funktionsweise und praktische Wege zur Entlarvung.
Propagandatechnik
Gaslighting gehört zu den perfidesten Formen der psychologischen Manipulation in Medien und zwischenmenschlicher Kommunikation. Diese Technik zielt darauf ab, das Vertrauen einer Person in ihre eigene Wahrnehmung, ihr Gedächtnis und ihre Urteilsfähigkeit systematisch zu untergraben. Der Begriff stammt aus dem gleichnamigen Theaterstück von 1938 und dem darauf basierenden Film „Gaslight“ von 1944, in dem ein Mann seine Frau durch gezielte Manipulation an ihrem Verstand zweifeln lässt. In der Medienlandschaft wird Gaslighting eingesetzt, um kritische Stimmen zum Schweigen zu bringen und alternative Narrative zu etablieren, die der ursprünglichen Realität widersprechen.
Die psychologischen Mechanismen des Gaslighting basieren auf der systematischen Verzerrung von Informationen und der Infragestellung objektiver Tatsachen. Täter nutzen dabei verschiedene Strategien: Sie leugnen dokumentierte Ereignisse, behaupten, dass sich Dinge anders zugetragen haben als erinnert, oder stellen die geistige Verfassung des Opfers in Frage. Besonders wirkungsvoll ist diese Technik, wenn sie von Autoritätspersonen oder vertrauenswürdigen Quellen angewendet wird. In den Medien manifestiert sich Gaslighting durch selektive Berichterstattung, das Verschweigen wichtiger Kontextinformationen oder die nachträgliche Umdeutung von Ereignissen. Die Opfer beginnen an ihrer eigenen Wahrnehmung zu zweifeln und werden empfänglicher für alternative Erklärungen der Realität.
Die Auswirkungen von Gaslighting sind besonders in politischen und gesellschaftlichen Diskursen verheerend, da sie das Fundament einer gemeinsamen Faktenbasis untergraben. Betroffene entwickeln oft eine erlernte Hilflosigkeit und verlieren das Vertrauen in ihre Fähigkeit, zwischen Wahrheit und Lüge zu unterscheiden. Zur Abwehr von Gaslighting ist es entscheidend, Fakten zu dokumentieren, multiple Quellen zu konsultieren und das eigene kritische Denkvermögen zu stärken. Medienkompetenz und die Fähigkeit zur Quellenverifikation sind dabei unerlässliche Werkzeuge.
Anwendungsbeispiele
Die folgenden Beispiele sind bewusst fiktiv gewählt, um die Mechanismen zu verdeutlichen, ohne reale Personen oder Ereignisse zu diskreditieren:
Beispiel 1 – Selektive Berichterstattung: Ein fiktiver Nachrichtensender berichtet über eine Demonstration und zeigt ausschließlich Bilder von Gewalt, während friedliche Proteste komplett ausgeblendet werden. Später wird behauptet, es habe nie friedliche Demonstranten gegeben, und Augenzeugen werden als „verwirrt“ oder „manipuliert“ dargestellt. Diese Technik führt dazu, dass das Publikum an der eigenen Erinnerung zweifelt und die mediale Darstellung als einzige Wahrheit akzeptiert.
Beispiel 2 – Leugnung dokumentierter Aussagen: Eine erfundene Politikerin macht eine kontroverse Aussage in einer Live-Übertragung. Später behauptet ihr Team, sie habe das nie gesagt, und stellt die Glaubwürdigkeit der Aufzeichnungen in Frage, obwohl diese eindeutig dokumentiert sind. Zusätzlich wird behauptet, die Medien hätten die Aussage aus dem Kontext gerissen oder technisch manipuliert.
Beispiel 3 – Diskreditierung von Experten: Ein fiktives Unternehmen wird dabei erwischt, wie es Umweltdaten manipuliert. Anstatt die Vorwürfe zu entkräften, startet es eine Kampagne, die Wissenschaftler als „unzuverlässig“ darstellt und behauptet, die Messmethoden seien grundsätzlich fehlerhaft. Gleichzeitig werden alternative „Experten“ präsentiert, die gegenteilige Behauptungen aufstellen und die ursprünglichen Befunde als „Hysterie“ abtun.
Beispiel 4 – Historische Umdeutung: In einem fiktiven Szenario wird ein gut dokumentiertes historisches Ereignis schrittweise umgedeutet. Zunächst werden Details in Frage gestellt, dann wird behauptet, Zeitzeugen seien unzuverlässig, und schließlich wird eine völlig alternative Version der Ereignisse präsentiert. Kritiker werden als „Verschwörungstheoretiker“ bezeichnet, obwohl sie sich auf etablierte Fakten stützen.
Weiterführende Literatur

Hardinghaus, Christian: „Kriegspropaganda und Medienmanipulation. Was Sie wissen sollten, um sich nicht täuschen zu lassen.“
Weiterführende Informationen
- Stern, Robin (2018): Der Gaslighting-Effekt. Wie Sie manipulative Menschen erkennen und sich aus toxischen Beziehungen befreien. Kösel Verlag.
- Sweet, Paige L. (2019): The sociology of gaslighting. American Sociological Review, 84(5), 851-875.
- Spear, Stephanie (2020): Gaslighting, Misogyny, and Psychological Oppression. In: Philosophical Perspectives on Technology and Psychiatry. Springer International Publishing.
- Carpenter, Ronda (2018): Gaslighting America: Why We Love It When Trump Lies to Us. Broadside Books.
- Sarkis, Stephanie (2018): Gaslighting: Recognize Manipulative and Emotionally Abusive People – and Break Free. Da Capo Lifelong Books.