Es gibt diese besonderen Momente im Autorenleben, in denen man nicht nur über das eigene Werk sprechen kann, sondern in einen echten Dialog mit Kollegen tritt. Genau solch ein Erlebnis durfte ich kürzlich beim Podcast „Sprenger spricht“ genießen, wo ich gemeinsam mit Stephanie Jana und Kai Meyer zu Gast war. Der Host bietet mit dem speziellen Format „Autoreninsights“ regelmäßig Specials mit Autoren an, die eben Insides geben.
Ein Format, das Freiheit bietet
Was mich besonders an diesem Format begeistert hat, ist die Offenheit und Unzensiertheit. Christian Sprenger gibt seinen Gästen den Raum, selbst die Richtung des Gesprächs zu bestimmen. In einer Zeit, in der viele Interviews stark strukturiert und gelenkt werden, ist es erfrischend, einfach frei über Themen zu sprechen, die uns als Autoren bewegen – vom Rechercheprozess bis hin zu den Herausforderungen des Schreibens historischer Romane.
Literarische Zufälle: Zwei „Häuser der Bücher“
Eine besonders verblüffende Entdeckung während unseres Gesprächs war die unglaubliche Parallele zwischen meinem Roman „Die Buchhändlerin von Königsberg“ und Kai Meyers neuem Krimi „Das Haus der Bücher und Schatten“.
Als ich an meinem Roman arbeitete, wollte ich ihn ursprünglich „Haus der Bücher“ nennen – in Anlehnung an die einst größte Buchhandlung Europas in Königsberg. Zu diesem Zeitpunkt war Kai Meyers Roman noch nicht erschienen, der ebenfalls zur Zeit des Zweiten Weltkriegs spielt und im „Haus der Bücher“ in Leipzig angesiedelt ist – dem damaligen Sitz des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels.
Der Zufall geht noch weiter: In meinem Roman reist die Protagonistin vom Königsberger „Haus der Bücher“ zu einer Tagung ins Leipziger Pendant – ein Ausflug, der für sie zum Horrortrip wird, da die Schulung aus reiner nationalsozialistischer Propaganda besteht.
Die Gesprächsrunde: Historiker trifft auf Fantasie

Christian Sprenger – Der Moderator
Christian Sprenger hat mit seinem Format „sprengerspricht autorinsights“ einen Podcast geschaffen, der bewusst kein klassischer Bücherpodcast sein will. Dennoch stehen immer mindestens drei Bücher im Mittelpunkt. Seine Art zu moderieren schafft eine angenehme Atmosphäre, in der tiefgründige Gespräche entstehen können.
Stephanie Jana – Von der Buchhändlerin zur Autorin
Stephanie Jana brachte eine besondere Perspektive in die Runde, da sie selbst einmal Buchhändlerin war, bevor sie Autorin und Unternehmerin wurde. Ihr Roman „Damals waren wir frei“ zeigt ihre intensive Auseinandersetzung mit der Geschichte des Nationalsozialismus, die sie auch in ihrem Geschichtsstudium vertiefte. Während des Podcasts sprach sie nicht nur über ihre literarische Arbeit, sondern auch über ihre Bühnenpräsenz – sie steht mit einer Freundin für musikalische Lesungen auf der Bühne.
Kai Meyer – Der Bestsellerautor
Mit über 70 veröffentlichten Romanen ist Kai Meyer eine Institution in der deutschen Literaturszene. Seine Werke wurden als Filme, Hörspiele, Graphic Novels und Theaterstücke adaptiert und international ausgezeichnet. Im Podcast teilte er faszinierende Einblicke in seine Recherchen zum Mai 1945, die er für sein aktuelles Werk durchgeführt hat.
Zeitlose Themen in zeitgebundenen Momenten
Obwohl der Podcast als „zeitlos“ konzipiert ist, kamen wir nicht umhin, über das bevorstehende 80. Jubiläum des Kriegsendes in Europa zu sprechen. Als Historiker konnte ich erläutern, warum sowohl der 8. als auch der 9. Mai als Tag der Befreiung begangen werden und dass 80 Jahre aus historischer Perspektive keine lange Zeit darstellen – besonders, da wir noch immer Zeitzeugen befragen können.
Kai Meyer brachte einen interessanten Aspekt ein, indem er darauf hinwies, wie kurios es eigentlich ist, ein Kriegsende auf einen bestimmten Tag festzulegen. Seine Recherchen zeigten, dass beispielsweise in der Ägäis noch Wochen nach dem offiziellen Kriegsende deutsche Besatzer von den Briten von verschiedenen Inseln vertrieben wurden.
Propaganda als Waffe
Ein Thema, das mich als Historiker mit Schwerpunkt auf Propaganda besonders interessierte, war die Diskussion über die Macht der Worte in Konflikten. In der heutigen Zeit können bestimmte Formulierungen, besonders in sozialen Medien, schnell zu weiterer Eskalation führen. Es ist ein gefährlicher Trugschluss, und damit selbst Propaganda, zu glauben, nur eine Kriegspartei würde Propaganda betreiben. Dies ist nicht der Fall. Über Propaganda und Strategien habe ich ausführlich in „Kriegspropaganda und Medienmanipulation“ geschrieben.

Mehr als nur Bücher
Gegen Ende des Gesprächs ging es auch um die vielfältigen Aktivitäten, die Autoren neben dem Schreiben und klassischen Lesungen unternehmen. Stephanie Jana erzählte von ihren musikalischen Auftritten, und wir diskutierten über kreative Wege, Literatur zu präsentieren.
Fazit
Die drei Stunden im Studio vergingen wie im Flug. Es war eine bereichernde Erfahrung, mit Kollegen so offen über unsere Arbeit, historische Ereignisse und die Parallelen in unseren Werken zu sprechen. Besonders die unglaublichen Zufälle rund um die „Häuser der Bücher“ in Leipzig und Königsberg werden mir in Erinnerung bleiben.
Ich empfehle, in die Folge hineinzuhören – sie bietet nicht nur Einblicke in unsere Bücher, sondern auch tiefgründige Diskussionen über Geschichte, Literatur und die Kraft des geschriebenen Wortes.